Lili Elbe wurde am 28. Dezember 1882 in Dänemark geboren. Sie war eine talentierte Künstlerin und verheiratet mit der ebenfalls erfolgreichen Malerin Gerda Wegener. Im Jahr 1920 begann Lili Elbe, sich einer Reihe von geschlechtsangleichenden Operationen zu unterziehen, um in ihrem Körper die Frau zu werden, die sie schon immer war.
Diese Entscheidung war damals unvorstellbar und löste viel Unverständnis und Ablehnung aus. Lili Elbe setzte dennoch ihren Weg fort und unterzog sich insgesamt fünf Operationen, um ihre körperliche Transition zu vollziehen. Es war ein Kampf gegen alle gesellschaftlichen Konventionen und Vorurteile, aber Lili Elbe blieb mutig und standhaft.
Ihr Leben wurde später in dem Buch „The Danish Girl“ von David Ebershoff und in dem gleichnamigen Film von Tom Hooper verfilmt. Die Geschichte von Lili Elbe inspirierte viele Menschen und half dabei, das Thema Transgeschlechtlichkeit und Geschlechtsangleichung in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Damit war Lili Elbe eine Vorreiterin und Pionierin auf ihrem Gebiet. Sie hat mit ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit dazu beigetragen, dass die LGBTQ+-Gemeinschaft heute mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit erfährt. Ihr Leben und Werk sind ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Gleichberechtigung und Akzeptanz.
Der heutige Tag will daran erinnern, dass am 17. Mai 1990 Homosexualität aus dem Krankheitskatalog der Weltgesundheitsorganisation gestrichen wurde. Dieses offizielle Ende der Pathologisierung von Homosexualität ist jetzt 33 Jahre her. Eine vergleichsweise kurze Zeit, wenn wir uns auf die Geschichte dieser Diskriminierung und Verfolgung von Homosexualität beziehen. Jedoch eine lange Zeit, wenn wir betrachten, dass seit dieser Änderung trans, inter und nicht-binäre Menschen weiterhin pathologisiert werden. Dabei ist eigentlich klar: Geschlecht ist vielfältig, auch auf der Ebene der Biologie. Geschlecht wird nicht allein durch Genitalien bestimmt, mehr als 1000 Gene sind bei der geschlechtlichen Entwicklung beteiligt und es gibt eine Vielzahl möglicher Chromosomenkombinationen.
Immerhin wurde das Personenstandsrechts mittlerweile an diese Realität angepasst. Die Einführung des Geschlechtseintrags divers bzw. die Möglichkeit der Streichung des Eintrags war ein Anfang. Doch das Verfahren nach PstG ist auch von einem ärztlichen Attest abhängig, welches eine sogenannte „Störung“ diagnostiziert. Dabei wissen wir: Geschlecht ist ein politisch umkämpftes Feld und viel mehr als eine binäre Zuordnung.
Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Referentenentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz ist ein Zeichen in die richtige Richtung. Lili Elbe wäre froh gewesen, wenn es dieses Gesetz schon damals gegeben hätte. Selbstbestimmung ist aber nicht selbstverständlich. Der jahrzehntelange Kampf gegen das diskriminierende Transsexuellengesetz trägt Früchte. Nach über 43 Jahren der Diskriminierung durch das TSG, ein längst überfälliger Schritt. Trans*, inter* und nicht-binäre Menschen müssten mit dem neuen Gesetz keinen übergriffigen Begutachtungsprozess und kein Gerichtsverfahren mehr durchlaufen, um ihren Personenstand und Vornamen anpassen zu lassen. Ich habe jedoch auch sehr stark wahrgenommen, dass der Hausrechtsparagraf Ängste in der Gesellschaft auslöst. Im Gesetzesentwurf steht, dass sich am Hausrecht bei privaten Einrichtungen wie zum Beispiel Schwimmbädern oder Saunen sowie am Diskriminierungsschutz im Allgemeinen Gleichbehandlungs-gesetz (AGG) nichts ändern wird. Es wird weiterhin verboten bleiben, transgeschlechtliche Menschen wegen ihrer Transgeschlechtlichkeit von Einrichtungen auszuschließen. Richtigerweise! Man muss leider intensiv suchen, um diese Klarstellung zu finden.
Deswegen fordern wir: dass trans*, inter* und nicht-binäre Menschen Schutz erfahren anstatt weiteren Diskriminierungen und Misstrauen Vorschub zu leisten!
Vieles ist einfacher und akzeptierender geworden. Vieles bedeutet aber nicht, dass alle Menschen frei und gleich an Rechten sind und in Würde leben können. Queeres Leben in unserer Gesellschaft ist gerade in der jetzigen Zeit wieder bedroht. Als Community haben wir schon viel erreicht und werden immer sichtbarer. Doch es gibt auch Bewegungen, die uns unsere Erfolge streitig machen möchten. Queer sein bedeutet auch immer sprechen zu können, sprechen von der wahren Welt in der wir leben. Das bedeutet auch immer das die Menschen WAHR sprechen können und dürfen. Das sie sich nicht verstecken und für die gesellschaftlichen Normen lügen müssen. Dass sie Sich nicht belügen müssen stattdessen, sich zu prüfen, sich zu hinterfragen ob all die Ansprüche, Normen, Codes, Vorstellungen und Erwartungen; eigentlich all das was behauptet wird, mir zugeschrieben ist, ob ich in diese Form, die mir von außen aufgedrückt wird auch passend für mich ist.
Queer zu sein bedeutet nicht das zu übernehmen was mir zugedacht wird, sondern immer zu fragen, stimmt das was behauptet wurde. Sich zu befragen immer und immer wieder. Die Antwort ist in der Regel immer eine Form von NEIN:
Nein gar nicht, Nein nicht ganz, Nein nicht so, Nein vielleicht, Nein anders oder Nein manchmal. Queer zu sein bedeutet immer ein NEIN zu sagen und die Entdeckung des eigenen Ichs beginnt immer mit einem NEIN.
Kann ich mit dem was Unwahr ist leben? Kann ich mich und andere belügen. Queer zu sein bedeutet nicht, unehrlich zu sein zu können, nicht dem Körper gegenüber, nicht den Nachbarn gegenüber, nicht der Familie gegenüber, nicht der demokratischen Gesellschaft gegenüber. Das Suchen nach Begrifflichkeiten, nach Lebensrealitäten, nach der Verwirklichung des persönlichen Lebens ist zutiefst queer. Wenn ich von WAHR sprechen spreche, bedeutet dies auch Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, indem ich unWAHRheiten nicht hinnehmen und hinterfragen was eben damit bezweckt wird.
All die Suche nach den Räumen die LSBTTIQ Menschen benötigen, zu ignorieren werte ich nicht, ich kann nur Wahr sprechen. Dazu gehört auch immer das dazu, was andere Heimat nennen. Heimat hat etwas mit „sich sicher fühlen“ gemeint und das ist für alle LSBTTIQ fragil und prikär. Das natürlich nicht nur, wenn wir uns in Polen bewegen, nicht nur in Ungarn oder Rumänien oder im neofaschistischen Italien.
Homo- und Transfeindlichkeit durchdringt und durchzieht nicht nur die Vergangenheit, wie Lili Elbe sie erlebte, die Einschränkungen und Infragestellung, die Unsichtbarmachung, die Gewalt ist hier und jetzt, nicht nur am Rand; nicht nur Irgendwo, sondern mitten in unserer Gesellschaft.
Das wird deutlich wie massiv die Antimenschenrechtsbewegungen in Deutschland in der Diskussion mit den entsprechenden Ministerien auf Bundesebene Einfluss genommen haben, um ihre menschenrechtsverachteten Positionen in das Selbstbestimmungsgesetz einfließen lassen. Hausrecht, Frauenrechte, Schutzräume, Sport und Verteidigungsfall werden so mit Beispielen in der Begründung zum Selbstbestimmungsgesetz benannt, das es mir so vorkommt hier schafft man einen Katalog wo man Menschen ausgrenzen will, die nicht einer zweigeschlechtlichen Ordnung entsprechend aussehen.
Das wird deutlich wie nachgesetzliche Regelungen schon seit Jahren nicht verändert werden. Das Menschen sich jeden kleinen Schritt vor Gerichten erkämpfen müssen. Ob das eine Ausgrenzung im Berufsleben ist, oder ob diesen Menschen entsprechende Unterlagen und Dokumente verweigert werden und damit einen wirtschaftlichen und persönlichen Schaden erleiden. Sie müssen heute noch genauso kämpfen wie damals Lili Elbe. Hier brauchen diese Menschen Solidarität und Unterstützung, dass Sie eben frei an gleichen Rechten und in Würde leben können und dürfen. Dazu haben wir (ein kleines Netzwerk mit verschiedenen Vereinen) ein Unterstützungskonto eingerichtet um Gerichts- und Anwaltskosten für elementare Menschenrechtsprozesse und Grundlagen für eine gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen. Gern wenden Sie sich an uns, wenn sie uns unterstützen wollen.
Zum 33. Jahrestag der Entpathologisierung von Homosexualität fordern wir deshalb ein Ende der Diskriminierung und Gewalt gegen trans, inter und nicht-binäre Menschen!
Wir fordern das Ende der Pathologisierung von Intergeschlechtlichkeit sowie Entschädigungen für die menschenrechtsverletzende Praxis an inter* Menschen!
Wir wollen, dass alle Menschen bedingungslos selbst bestimmen können, welcher Name und welches Geschlecht zu ihnen passt.
Wir wollen eine Welt, die nicht nur in einer Geschlechterbinarität funktioniert, sondern Vielfalt wirklich zulässt und willkommen heißt.
Und nicht zuletzt sollten auch all jener trans* Menschen Entschädigungen erhalten, denen durch das Transsexuellengesetz Gewalt angetan wurde.
Gesetze können ein Anfang sein, um sie mit Leben zu füllen muss eine breite Sensibilisierung erfolgen.
Doch wir lassen uns davon nicht aufhalten! Wir werden auch in Zukunft zusammenstehen und uns gemeinsam für eine bessere, solidarischere Gesellschaft einsetzen.
In Erinnerung an Lili Elbe wird heute diese Straße umbenannt und sollten uns daran erinnern, dass jeder Mensch das Recht hat, so zu leben, wie er es für richtig hält. Jeder Mensch ist frei und an gleichen Rechten geboren und es ist unser aller Aufgabe sich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung einsetzen und eine Gesellschaft zu schaffen, in der jeder Mensch respektiert und akzeptiert wird, unabhängig von Geschlecht, Sexualität oder Herkunft. Damit alle Menschen unabhängig von Zuschreibungen selbstbestimmt leben können!
Vielen Dank.