In der Pflege hat sich trotz aller Veränderungen in der Gesellschaft immer noch kein unvoreingenommener Umgang mit Geschlecht (und Sexualität) entwickelt. Trotz eines hohen Anspruchs an eine „ganzheitliche Versorgung“ der Patient*innen, ist nicht klar, was das an,sich beinhaltet. Pflegekräfte sollen kompetent sein und sich in andere Menschen einfühlen können. Sie sollen die Wünsche der Patient*innen erfüllen und den Anforderungen der Ärzteschaft und anderer Berufsgruppen gerecht werden.
Das Modell der Lebensaktivitäten (LA) hat sich als grundlegendes Arbeitsinstrument in der Pflege in verschiedenen Varianten etabliert. Unter diesen ist die LA „Seine Geschlechtlichkeit leben“ bei Roper, Tiemey und Logan zu finden, unter der sich auch ein kurzer Erklärungsansatz zu Transsexualität findet. Einen Ansatz zum Umgang mit transsexuellen Menschen in der ambulanten oder klinischen Versorgung, zur Lebenssituation oder zu Transitionsphasen fehlen vollständig. Pflegende lernen während ihrer Ausbildung entweder nichts zu diesem Thema oder sind nur am Rande davon berührt. Dementsprechend stellt sich die Situation von transsexuellen Menschen dar, die einer ambulanten oder stationären Behandlung bedürfen. Neben den elektiven Eingriffen ist hier die Notfallversorgung von besonderer Bedeutung und muss dringend in den Fokus von der Pflege (und auch der Medizin) gerückt werden, weil immer mehr transsexuelle Menschen frei leben, seitdem das Bundesverfassungsgericht 2011 das biologische Geschlecht vom juristischen getrennt hat.
In diesem Beitrag wird anhand von eigenem und fremden Erleben die Situation von transsexuellen Menschen bei der geplanten und Notfallbehandlung dargestellt und auf den dringend notwendigen Reformbedarf in der Ausbildung, als auch in der Fortbildung von Pflegekräften hingewiesen.